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Kondolenz
Notwendigkeit einer humanistischen Konzeption
17.07.2023 um 12:56 Uhr von Ralf RathZu Beginn der 1990er Jahre veröffentlichte das Magazin „Mitbestimmung“ einen Bericht zur Gruppenarbeit bei der damaligen Karl Kässbohrer Fahrzeugwerke GmbH. Insbesondere am Soziologischen Forschungsinstitut an der Georg-August-Universität Göttingen erregte der Artikel die Aufmerksamkeit von PD Dr. Harald Wolf. Kurzerhand fragte der Wissenschaftler dort nach einem Zugang zum Unternehmen an. Der Betriebsrat unter Vorsitz von Kurt Lehmann bat mich jedoch, mit ihm persönlich zu reden und ihm mitzuteilen, dass seine Anfrage abschlägig beschieden worden sei. Das fortgesetzt von ihm bis auf die Gegenwart gehaltene Plädoyer für eine „Bresche“ ist ohnehin nicht vom Willen des Souveräns gedeckt. Als am 1. Februar 1995 sich Tausende auf dem Ulmer Münsterplatz unter freiem Himmel versammelten, weigerten sich Belegschaftsangehörige denn auch aus anderen Betrieben der Region, der „Geherda“ zu sein, wie Bertolt Brecht kritisiert hat. Kurt Lehmann quittierte die öffentlich gezeigte Kundgebung seinerzeit mit den Worten: „Das war wirklich traumhaft“. Erst sehr viel später im Jahr 2004 gestattete der Leiter des Personalwesens mir als bislang einzigem im Feld sich nachweislich bewährenden Industriesoziologen den Zutritt. Umgehend setzte ich Kurt Lehmann schriftlich in einem Brief davon in Kenntnis, dass aus unerfindlichen Gründen in der Firma längst geschlagene Schlachten noch einmal geschlagen werden. Kämen die durch nichts begründeten Praktiken an ein Ende, könnten zuhauf unzulässig daran gebundene Gelder für zukunftsträchtige Investitionen frei werden. Zugleich erklärte der Befund auch die einst fehlende Liquidität, die mit Macht am 14. Februar 1995 eine Fusion mit der Omnibusfertigung von Mercedes-Benz erzwang und an der sogar die Europäische Kommission nichts auszusetzen hatte. Anstatt also endlich den Missstand zu beseitigen, stahlen sich die Wettbewerbshüter schlicht aus der politischen Verantwortung. Der heutigen Daimler Buses GmbH ist seitdem hoheitlich eine immens hohe Last aufgebürdet. Es nimmt dann nicht wunder, wenn ökonomisch-gesellschaftliche Mechanismen die physische Gegenwart von Kurt Lehmann am 14. April 2023 unwiederbringlich entzogen haben. Hätte man Vernunft walten lassen, wäre der soziale Prozess der Entleibung seiner Seele nicht mit solch einer unnennbar ewigen Qual verbunden gewesen. Den von Natur aus jedweder Tätigkeit innewohnenden Schmerz eskalieren zu lassen, zeugt mehr als augenfällig davon, dass eine humanistische Konzeption noch immer Not tut.
Gedenkkerze
Verena
Wir vermissen dich.